Oktober 1999

Sonntag, 3. Oktober: 2 Hühner gekauft

Die letzten Tage habe ich nichts besonderes erlebt. Am Donnerstag konnte ich in einem Einkaufszentrum nicht widerstehen und habe mir zwei gebratene Hühner gekauft (1x honey-roastet-chicken, 1x black-pepper-chicken). Eines habe ich sogleich verspeist, das andere am nächsten Tag, sozusagen als Oktoberfest-Ersatz, welches in München ja heute zuende ging. Am Freitag habe ich einen Internet-Anschluß über Umwege bekommen, am Wochenende habe ich mich bloß ausgeruht, ziemlich viel im Internet erledigt, E-Mails geschrieben und so weiter. Samstag abend war ich in einem anderen Studentenwohnheim, bei dem sich am Wochenende immer Studenten aller Nationalitäten treffen. Ich habe mich immerhin mit ein paar Deutschen, einem Finnen, einer Dänin, einer Inderin, einer Thailänderin und einer Griechin unterhalten - Multikulti eben.

Ansonsten ein geruhsames Wochenende, welches ich mir nach der letzten stressigen Zeit verdient habe (finde ich). Dem Rat in einem Leserbrief folgend ("Snickers, Donuts und das ganze fast-food-Zeugs, das ist doch nichts") habe ich mir vorgenommen, mich gesünder zu ernähren. Kein Eis mehr, dafür öfters mal ein Apfel ("one apple per day keeps the doctor away"). Ich gehe nun so zwei- bis dreimal pro Woche schwimmen im Schwimmbad direkt gegenüber, abends von acht bis neun. Ich wollte auch schon ein paarmal morgens mit einer Mitbewohnerin joggen gehen, aber morgens bin ich dann immer zu müde und bleibe lieber möglichst lange im Bett.

Dienstag, 5. Oktober: Mittagessen-Erfahrung

Wie auch gestern schon war ich heute mittag an einem der vielen Essensstände anstatt in der Kantine, um mit der lokalen Küche mehr auf Tuchfühlung zu gehen. Ich habe mir an einem chinesischen Stand "Chicken Chop Noodles" bestellt, bzw. einfach draufgezeigt, denn mir schien die Chinesin des Englischen nicht mächtig zu sein. Mein Wunsch nach einer Gabel jedenfalls blieb unerfüllt, sodaß ich im Umgang mit Stäbchen inzwischen geübter werde. Doch kaum hatte ich mir mühevoll die erste Portion in den Mund bugsiert, haute es mich fast vom Hocker: meine Güte, war das scharf, da half auch die mitbestellte Algensuppe wenig. Nach dem ganzen Teller hätte ich Feuer spucken können, was ich aber wegen der strengen singapurianischen Gesetze lieber unterließ. Statt dessen zog ich an der Stadtautobahn entlang, um vom Siemens-Gebäde - immerhin nach meinem Bett der Ort meiner höchsten Aufenthaltswahrscheinlichkeit - ein Foto zu machen. Hier kann man nämlich nicht einfach über die Straße gehen, um schnell ein Foto zu knipsen. Entlang der Highways gibt es oft keine Fußwege, und in der Hitze war dieser Aktion schon eine kleine Herausforderung. Auf dem Rückweg zum Büro hat mich dann noch einer dieser fiesen tropischen Platzregen überrascht; die kommen immer dann, wenn man keinen Schirm dabei hat. Umgekehrt regnet es nie, wenn man einen solchen hat, und die Wetterprognose hilft auch selten weiter (immer: "morgen 30 bis 34 Grad und kurze Regenschauer").

Donnerstag, 7. Oktober: Arbeit bei Siemens

Die Tochterfirma von Siemens, bei der ich hier arbeite, heißt "Siemens Advanced Engineering" (SAE), dort bin ich in der Abteilung "ATD TD3" (Automatisierung und Technische Dienstleistungen, d.h. Installation und Wartung von Maschinen und Steuerungen in Fabriken). Singapur ist die Südost-Asien-Zentrale für SAE, hier werden unter anderem die Programme für Steuercomputer geschrieben. Die letzten Wochen habe ich mich in das Thema etwas eingearbeitet, damit ich einen Überblick über die Produkte hier habe, aber eigentlich ist das eher das Gebiet von Elektrotechnikern (immerhin mein Hobby und Nebenfach, sodaß mir die Materie nicht fremd ist). Daher habe ich heute meinen Vorgestetzten gefragt, ob ich nicht etwas machen könne, was mehr einem Informatiker entspricht. Der hatte nichts dagegen, nun schreibe ich kleine Programme in der Programmiersprache "Visual Basic", bzw. ich arbeite mich erstmal ein.

Freitag, 8. Oktober: als Jongleur aufgetreten

Vor einem Monat war das Mooncake-Festival (Feiertag) und in den nächsten Tagen gibt es das Fest "Dewali", wovon eines glaube ich chinesisch ist, das andere indisch (ich kann mich täuschen). Jedenfalls hatten wir heute abend im Eusoff-College eine Kombi-Feier, bei der die Studenten ein paar kleine Aufführungen gemacht haben. Es gab einen Trommler, einen Flötenspieler, chinesche, malaysische und indische Gesangsdarbietungen, kleine Spiele und einen deutschen Artisten - nämlich mich. Ich bin als Jongleur aufgetreten, und obwohl ich seit fünf Jahren nicht mehr geübt habe, klappte es ganz gut (nur mit drei Bällen).

Samstag, 9. Oktober: Botanischer Garten

Nachmittags war ich im botanischen Garten, der direkt vor dem Studentenwohnheim beginnt. Ich hätte dort schon viel früher mal hingehen sollen, das war ja wunderschön. Teilweise wie im richtigen Dschungel, teilweise als kultivierter Park. Überall stehen riesige Bäume, auf denen widerum palmenartige Sträucher wachsen (die Botaniker unter den Lesern mögen mir diese fachfremde bis aus fachlicher Sicht falsche Beschreibung verzeihen). So wie der Baum vor dem Wohnheim (siehe 15.9.99), dessen Krone bestimmt 15 Meter Durchmesser hat. Natürlich diverse Palmenarten und Blumen, und schließlich war ich noch im Orchideen-Garten, um Singapurs Nationalblume zu bewundern.

Nachts habe ich von 10 bis 01 Uhr gewaschen und gebügelt. Das dauert doch immer länger, als ich erst denke, und so komme ich dann kaum mehr zu all den Sachen, die ich mir eigentlich vornehme. Dumm ist, daß man an den Waschmaschinen keine Temperatur einstellen kann, sodaß ich mich nun frage: ist das bloß sauber oder auch rein?

Sonntag, 10. Oktober: Kirche, essen, joggen

Zum Frühstück habe ich mir erstmal bei KFC ein grosses Ich gehe ja nun so dreimal pro Woche zum Schwimmen, und dort habe ich ein paar nette Leute kennengelernt, die mich eingeladen haben, mal eine Messe in ihrer Kirche zu besuchen. Dort war ich heute von 11.15 bis 13 Uhr. Leider bin ich eine Busstation zu weit gefahren und mußte in der Hitze rumlaufen, aber es hat sich gelohnt. Vollkommen anders als ich (römisch-katholisch) Messen von zuhause kenne, lief dieser Gottesdienst (sie nennen es "service", "mass" ist formaler) ab. Die Kirche sieht von außen aus wie ein ganz normales Haus, innen ist es einfach ein Raum wie ein grosses Klassenzimmer. Die Gemeinde ist eine der zahlreichen Untergruppen der protestantische Kirche, mit etwa 30 Mitgliedern war der Raum etwa zur Hälfte gefüllt. Vor und nach der Predigt wurde fröhlich gesungen und manchmal getanzt, zwischendurch Hallejuja- und Jesus-Rufe, wie man das vom Gospelchor kennt.

Nach dem Gottesdienst sind wir Mittagessen gegangen, ich aß Nudeln mit Meeres-Schalentieren, also Muscheln oder sowas (genauer weiß ich das nicht). Dazu einen Drink mit exotischen Früchten (Litschi und ein paar mir unbekannte Früchte). Ganz schön viel neue Geschmäcke und Gerüche, nicht schlecht, aber sehr ungewohnt - und an die gebratenen Enten hier kommt das nicht ran. Danach haben mich meine Freunde heimgefahren (netter Service) und wir haben uns abends zum schwimmen verabredet. Ich war einkaufen bei "Tierney's Gourmet" (westlich orientierter Supermarkt) und habe mir ein Chocolatine (ähnlich Schoko-Croissant), einen Donut und ein Knuspermüsli gekauft, welches ich auch schon halb aufgegessen habe (einfach trocken aus der Packung raus). Sonntags gönne ich mir eben immer etwas mehr, aber die ganze Woche habe ich mich richtig zurück gehalten und weder Eis noch Kuchen gekauft.

Gegen halb sieben klopften meine Freunde an die Tür und haben mich gefragt, ob ich vor dem Schwimmen noch mit ihnen joggen wolle, also sind wir so 20 Minuten durch den botanischen Garten gelaufen. Da es heute nicht so heiß war, habe ich mein erstes tropisches Joggen ganz gut überstanden, dann sind wir schwimmen gegangen. Da im Wohnheim Sonntags kein Essen angeboten wird, bin ich auch noch mit zum Abendessen gegangen: ins Restaurant vom Ikea, ein Geheimtipp, um gut und günstig zu essen (etwas besser als an den Ständen). Ich aß ein grosses Stück Lachs und ein kleines Stück Torte für zusammen 10 Dollar, da kann man nichts sagen. Gegen zehn Uhr war ich wieder zuhause und schreibe seit Stunden an dieser Homepage - gute Nacht dann (halb zwei).

Samstag, 16. Oktober: Basketball-Turnier

Seit Wochen will ich am Wochenende mal wieder eine große Stadt-Tour machen und etwas neues anschauen, aber am Samstag war ich doch ganz froh, endlich mal ausruhen zu können. Es gibt ja immer eine ganze Menge zu erledigen, im Internet Informationen sammeln (manche nennen es schlicht "surfen").

Am Wochenende war das "Eusoff College Basketball Championship". Jeder Gang (Front-1, Front-2, Back-1 und Back-2) hat eine Mannschaft gestellt, und ich wurde ueberredet, im F1-Team mitzuspielen. Obwohl ich meinen Mitbewohnern versicherte, seit mindestens sieben Jahren (10. Klasse) keinen Basketball mehr in der Hand gehabt zu haben, wollten die mich unbedingt dabei haben - hier war wohl alleine meine Größe ausschlaggebend. Jede Mannschaft spielte einmal gegen jede; wir waren einmal am Samstag und zweimal am Sonntag dran. Unser erstes Match haben wir am Samstag um fünf Uhr bestritten. Weil ich recht schnell bin, stand ich zwar öfters alleine mit dem Ball vor dem gegnerischen Korb, habe aber stets zielsicher daneben geworfen. Das Publikum hatte dafür was zu lachen, denn wenn ich schon kein Basketball-Profi bin, habe ich das dafür recht humorvoll genommen - entsprechend sahen meine Spielkünste aus. Ein oder zwei Körbe waren mir dann doch vergönnt und dank einiger hervoragender Spieler haben wir das Spiel für uns entschieden. Samstag Nacht habe ich mir wie immer ganz viel zu schreiben vorgenommen (Homepage endlich fertig übersetzen), bin aber wieder nicht über's obligatorische Waschen und Bügeln hinausgekommen.

Sonntag, 17. Oktober: Kirche, Mega-Sport

Da ich gestern schon um Mitternacht ins Bett kam, bin ich nach meinem wohlverdienten und bitter nötigen Schönheitsschlaf heute freiwillig um neun Uhr aufgestanden. Von 11.15 bis 13.00 Uhr war ich in der Kirche - die Hitze scheint nicht nur Asiaten, sondern auch Europäer zu anständigen Christen zu bekehren. Zugegeben, ich besuchte den fröhlichen (protestantischen) Gottesdienst mehr, um meine Freunde zu treffen, doch ist eine Zeit des gemeinsamen In-Sich-Gehens bei all dem Streß unter der Woche auch etwas schönes. Anschließend waren wir gemeinsam Mittagessen; für drei Dollar gab es Reis mit einem gegrillen Entenbein. Danach haben mir meine Freunde einer der früher üblichen, aber inzwischen seltenen singapurianischen Wohnhütten gezeigt (wo Johnny aufwuchs) und eine moderne kleine Hochhauswohnung (dort wohnt er jetzt). Vom Dach des 30-stöckigen Hauses konnte ich die tolle Aussicht genießen.

Aktiv, wie junge Männer in den besten Jahren eben sind, fuhren wir sodann ins Schwimmbad direkt bei meinem Wohnheim. Nach ein paar gekraulten Bahnen bin ich zum Basketballplatz gelaufen, wo um fünf Uhr das nächste Match für die F1-Mannschaft anstand. Schon etwas geübter als am Vortag warf ich nach etlichen erfolglosen Versuchen doch ein paar Körbe, was das Publikum mit kräftigem Jubeln bedachte. (Den Gedanken, es könne sich auch bloß um asiatische Höflichkeit oder gar Ironie handeln, schob ich schnell beiseite.) Zweimal wurde ich vor dem Korb gefoult, wofür ich jeweils zwei Freiwürfe bekam. Die wollte ich eigentlich garnicht haben, mußte sie aber selber werfen - natürlich landete kein einziger da, wo ihn meine Mannschaft gerne gesehen hätte. Wie dem auch sei, muß ich erwähnen, daß wir auch dieses Spiel gewannen?

Ich hatte gerade eine halbe Stunde Zeit, um mich im Schwimmbad etwas zu enspannen. Dort waren meine Freunde noch, die staunten, daß ich diesmal ohne zu zahlen reingekommen bin mit dem Ticket von vor zwei Stunden. Sie hätten das noch nie geschafft, aber ich bin inzwischen auch als Preisfuchs bekannt: ich kenne schon ein paar Ein-Dollar-Läden, habe beim Schneider meine Hose von 90 auf 55 Dollar runtergehandelt und lasse meine Photos nur noch bei Konica abziehen, das kostet halb soviel wie bei Kodak (bloß 20 cents pro Bild). Nach besagter Enspannung bin ich zum zweiten Basketballmatch angetreten, welches ähnlich verlief wie das vorige. Der einzige Unterschied war, daß ich nach meinem fünften Foul (in allen Spielen zusammen) ausscheiden mußte. Das sei hier kein Fußball, meinte der Schiedsrichter, aber ich habe das nicht absichtlich gemacht. Erstens kannte ich die Regeln nicht genau und zweitens steckt in meinen 78kg (soviel war's vor der Abreise - ob ich inzwischen zu- oder abgenommen habe, weiß ich nicht) ziemlich viel Energie; da geht das Bremsen nicht so leicht, wenn ich auf den Gegner zulaufe. Und von der anderen Mannschaft sind gleich fünf Leute rausgeflogen, das waren echte Rugby-Spieler. Folgende Tatsache fiel mir übrigens auf, wenn auch die Ursache nicht eindeutig auszumachen ist: als ich noch mitspielte, führten wir um 10 Punkte; als ich ausschied, mußte zweimal wegen Punktegleichheit verlängert werden. In einem nervenaufreibendem Finale gingen die Spieler an ihre physische Grenze, sodaß auch diesmal der Sieg von den tapferen Mannen des F1-Blocks erkämpft werden konnte.

Nach einer kurzen Siegesfeier haben mich noch Kirchen/Sports-Freunde abgeholt. Wir sind am botanischen Garten entlang zum nächsten "Essensstand-Zentrum" spaziert, wobei ich meine Beine schon deutlich spürte. Nach einem köstlichen malaysischen Essen bin ich satt, zufrieden und glücklich heimgegangen. Mir fiel übrigens der Halbmond auf, der umgefallen zu sein schien. Da ich hier am Äquator lebe, scheint nicht nur die Sonne mittags senkrecht von oben, sondern die Mondsichel liegt auch auf dem Rücken. Todmüde bin ich schließlich ins Bett gesunken.

Freitag, 22. Oktober: Abendessen im Shangri-La

Heute hat Siemens die Bereiche SAE (Siemens Advanced Engineering) und SBS (Siemens Business Service) zum D&D (Dinner and Dance) ins Fünf-Sterne-Hotel "Shangri-La" geladen. Offizieller Beginn war 18.30 Uhr, aber ich bin mit ein paar Kollegen direkt von der Arbeit aus hingefahren, so saßen wir erst noch eine Stunde in der Lounge. Eigentlich wollte ich ja erst heimfahren und mir was besseres anziehen (wenigstens ein frisches Hemd und Krawatte), aber direkt mitgenommen zu werden war doch angenehmer als erst mit dem Bus heim und dann zum Hotel zu fahren, und außerdem wäre ich sowieso (fast) der einzige Krawatten-Träger gewesen. In der Lounge haben wir uns also erstmal Campari und Wein gegönnt, dazu ein paar kleine Sandwiches. Ich will lieber nicht wissen, was das kostete. Um halb sieben gab es dann einen Empfang und eine Stunde später wurde zu Tisch gebeten. Der Ballsaal war mit 60 Tischen à 10 Personen gut gefüllt. Neben einigen Reden und kleinen Darbietungen gab es ein üppiges Menu:

Die Namen der Gerichte konnte ich mir leider nicht merken; es schmeckte mir alles sehr gut. Gegessen wurde natürlich (bis auf die Suppe) ausschließlich mit Stäbchen. Es gab aber zum Fleisch nie Beilagen wie Reis, Gemüse oder Kartoffeln dazu, daher war das Essen sehr gehaltvoll. Wein und Wasser gab es nur gegen zusätzliche Bezahlung (bei Wasser etwas unverständlich), also trank ich den ganzen Abend Bier und zwischendurch mal eine Cola.

Von elf bis zwei Uhr wurde dann noch getanzt, wobei sich die Chefs vorher verabschiedeten und das Parkett der jüngeren Generation überließen. Um halb eins mußte ich ein dringendes EMail schreiben und fragte daher an der Hotel-Rezeption nach einem Internet-Computer. Im Business-Center konnte ich dann glücklicherweise kostenlos (normalerweise 10 S$ je 15 Minuten) kurz einen Rechner benutzen. Gegen halb drei bin ich dann aufgebrochen, zu Fuß Richtung Einkaufsgegend und kaufte in einem 24-Stunden-Geschäft eine Telefonkarte. Anschließend bin ich heimspaziert (halbe Stunde), um wenigstens etwas für das Gewissen zu tun nach diesem schweren Abendessen. Gerade rechtzeitig kam ich im Wohnheim an und entkam dem schwerem Tropenschauer.

Sonntag, 24. Oktober: Diät

Gestern war ich wieder joggen; nun will ich mehr für meine Gesundheit tun. Ich habe schon ein richtig schlechtes Gewissen, weil ich mich zuwenig bewege und das Essen hier recht gehaltvoll ist. Wer mich kennt, wird sich wundern, daß ich mir darüber Gedanken mache, immerhin bin ich bei Freunden als der "Nachtischvernichter" bekannt, schaffe locker einen ganzen Liter Eis. Aber ich werde das Gefühl nicht los, daß die Zeiten, zu denen ich essen konnte was ich will ohne zuzunehmen (siehe mein Geheimnis) vorbei zu sein scheinen. Schade, aber so ist das eben. Dumm nur, daß es bei mir nichts nutzt, nur noch die Hälfte zu essen, denn das ist immer noch doppelt soviel als ich tatsächlich bräuchte. Wer mir diesbezüglich einen Tip geben kann, melde sich bitte.

Heute war ein Sonntag wie die vergangenen: Kirche, gemeinsames Mittagessen (okay, einmal die Woche darf geschlemmt werden), nachher werde ich schwimmen gehen. Was ich im Oktober vermißt habe von Deutschland, war das Oktoberfest, der Herbst, dunkles Brot und mein Fahrrad.

Samstag, 30. Oktober: Treffen in der NUS

Während der vergangenen Woche nichts besonderes erlebt. Am Montag habe ich meinen bisherigen Schwimmrekord aufgestellt: 20 Bahnen (1km) in 19 Minuten. Die letzten Tage konnte ich keinen Sport machen, da es abends meist regnete (der Monsun läßt grüßen). Heute war ich von fünf bis acht Uhr vom Office of Student Affairs zum "host family get together" eingeladen. Was ich vor meiner Ankunft in Singapur nicht wußte: ich gehöre zum auserwählten Kreis der 10-15 Austausch-Studenten, die hier einer Gast-Familie zugeordnet sind. Die anderen Studenten haben sich dafür extra beworben (und nicht alle konnten teilnehmen); mir ist das Glück mal wieder in den Schoß gefallen. Das Gast-Familien-Programm ist neu und wird erstmal mit einer kleinen Gruppe von Studenten erprobt. Vor drei Wochen war ich mit meinem "Gastvater" (hat keine Familie) beim Essen (habe ich wohl vergessen, ins Tagebuch zu schreiben - der Streß), das war natürlich sehr nett. Ich könne mich bei Problemen und Fragen immer an ihn wenden, doch bisher hatte ich glücklicherweise weder Probleme noch besonders schwierige Fragen. Beim Treffen heute abend auf dem Campus kamen also die Gastfamilien und Studenten zusammen, es gab was gutes zu essen und ich habe nette Leute getroffen. Um neun war ich zuhause, mich trieb das Gewissen (viel Essen, wenig Sport) noch zum joggen. Zufrieden sank ich ausnahmsweise schon vor Mitternacht ins Bett.

Sonntag, 31. Oktober: fast Psion ersteigert

Wieder keine Stadt-Tour geschafft, es gibt einfach immer soviel zu tun. Da ich immer soviel EMails und an dieser Homepage schreibe, damit die Leser was zu lesen haben (sonst sind's bald keine Leser mehr), will ich mir vielleicht eine Art Mini-Notebook zulegen, und zwar den Psion 3c. Dann kann ich jederzeit was wichtiges eintippen oder die neuesten Neuigkeiten auf dem Weg zur Arbeit lesen. Die aktuellen oder besseren Modelle sind mir zu teuer, so tut's auch dieses Gerät. Aber ich will nicht soviel ausgeben, daher schaue ich mich nach gebrauchten um (im Internet). Was die Leute in Deutschland verlangen, ist ja irre - teilweise mehr als für einen moderneren neuen Psion. Da habe ich beim Internet-Auktionshaus Ebay (www.ebay.com) eins entdeckt: aktuelles Gebot 80 US-Dollar, Versender wohnt in Kuala Lumpur (Malaysia, gleich "nebenan"), Auktion lief noch sechst Stunden. Ich bin in die Stadt gegangen, habe mir die Geräte mal in natura angesehen (natürlich auch schon 'zig Seiten darüber gelesen, ich bin total begeistert). Fünf Minuten vor Auktionsende war er schon bei 105 US$, da habe ich mitgeboten, wurde aber einfach immer wieder überboten - Riesen-Gemeinheit, wo ich ihn doch echt brauche. 20 Sekunden vor Schluß habe ich noch 120 US$ eingetippt, das kam 2 Sekunden vorher an, ich war mir des Sieges sicher - doch dann, oh Schreck, bekam es doch ein anderer. Das war ein Krimi, sage ich Euch - aber ohne Happy-End, denn nun sitze ich immer noch ohne so ein tolles Gerät da. Wenn also einer von Euch seinen Psion (oder Philips Velo oder anderen Handheld/Palmtop) nicht mehr braucht, so sende er ihn einfach an einen bedürftigen deutschen homepage-schreibenden Studenten in Singapur seiner Wahl...

Es ist sowieso unmöglich, bei einer Internet-Auktion ein Schnäppchen zu machen, denn wenn man ein Schnäppchen hat, denkt ein anderer, er nimmt es auch für ein paar Dollar mehr, und das geht solange, bis es gar kein Schnäppchen mehr ist. Leute, laßt die Finger davon, das kostet nur unnötig Nerven!

Abends war ich schwimmen und kurz joggen, habe wieder alles mögliche im Internet lesen müssen und schreibe seit Stunden an meiner Homepage (neu: Tips für Nachfolger). Halb drei Uhr, ich gehe dann mal schlafen.


Philipp von Bassewitz, Oktober